1499 November 23., Freiburg - wegen der Wasserfeste Schafgiessen

Aus Endinger Geschichte

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Kaiser Maximilian I. (1493-1519), genannt der letzte Ritter, erneuerte am 23. November 1499 zu Freiburg die Belehnung der Stadt Endingen mit dem Schloß Schafgießen, nebst Zubehör, das ihnen um 1300 rheinische Gulden verpfändet worden war. (Stadtarchiv Endingen Nr. 95) Jetzt wird’s aber interessant, denn in einer Urkunde vom 17. Oktober 1501 lesen wir: Die Brüder Anton und Bastian von Landeck erklären, von wegen des Schafgiessen weder dem Grafen von Tübingen noch sonst jemand etwas zugestehen zu müssen, da er Lehen vom Hause Österreich sei. (Stadtarchiv Endingen Uk.Nr. 97a früher 130 a.) Eben noch (1499 Nov. 23.) haben die Endinger 1300 Gulden, quasi als Darlehen an Österreich gegeben und fast genau 2 Jahre später sitzen die Brüder Anton und [Se]Bastian von Landeck auf dem Lehen, es scheint wirklich so, als hätten die Österreicher das bereits vergebene Lehen einfach weiterverpfändet an die Landecker. So erklärt sich auch die folgende Urkunde vom 8. Mai 1504, aus Augsburg, in welcher steht: König Maximilian bewilligt der Stadt Endingen, dass das Lehen Schafgiessen (burgstall und veste schafgieß) niemand weiter versetzt und verpfändet werden solle und das Haus Österreich dasselbe nur dann lösen werde, wenn es das Lehen selbst behalten wolle. Hierzu existiert auch ein 2. Vidimus (als Vidimus bezeichnet man die beglaubigte Kopie einer Urkunde. Anders als beim Transsumpt bezeugt der Aussteller der Beglaubigung nur die Identität der Vorlage mit der Abschrift) des Michael von Blumeneck, Verweser zu Riegel, aus dem Jahre 1522.

(Stadtarchiv Endingen Uk.Nr. 99.; Fritz SPÄTH: Wyhl - Einst und Jetzt p. 20, spricht hier vom 18. Mai 1504).


Rund drei Jahre später wird das Lehen Schafgießen wieder aktenkundig und gleich in 2 Urkunden, so heißt es: 1507 Februar 4., Ensisheim. Statthalter und Räte zu Ensisheim schreiben dem Bürgermeister und Rate zu Endingen, dass sie wegen der Irrungen zwischen letzteren und Herrn Antonien von Landeck, Ritter, bezüglich des Schafgiessens, ihrem Herrn und Oheim (Oheim ist der Mutterbruder) von Staufen, desgleichen dem Rudolf von Blumeneck geschrieben hätten, einen Tag (diesbezüglichen Gerichtstag) zu vereinbaren. Und in der 2. Urkunde vom gleichen Tag heißt es: Statthalter und Räte in Ensisheim beraumen in der Streitsache zwischen Anton von Landeck und der Stadt Endingen um den Schafgießen Tagsatzung an vor dem Herrn von Staufen und Rudolf von Blumeneck. (Stadtarchiv Endingen Uk.Nr. 101 und 101a, früher 136b) Hier scheint es also im Vorfeld zu Kampfhandlungen zwischen Ritter Anton von Landeck und der Stadt Endingen um die Feste Schafgießen und das damit verbundene Lehen gekommen zu sein, sonst wäre wohl kaum eine Tagsatzung anberaumt worden (bei der Tagsatzung sind Richter oder Abgeordnete der umliegenden Städt zugegen um ein Urteil zu sprechen, oder als Rat gehört zu werden). Dann scheint wieder Ruhe um das Lehen und den nunmehr Burgstall genannten Schafgießen eingekehrt zu sein, denn erst 1521 am 28. November hören wir aus Freiburg: Kaiser Karl bestätigt der Stadt Endingen den Schafgiessen mit dem Orte Wyhl. (Stadtarchiv Endingen Uk.Nr. 110)


War der Schafgießen einst eine feste Burg, umgeben von einem breiten Wassergraben, mit hohen Mauern und Zinnen, wohl mehrheitlich aus Kaiserstühler Vulkangestein (dem nahen Limburgit), aber mit Sicherheit auch aus Buntsandstein aus dem nahen Schwarzwald, mit Zwinger und Zugbrücke, so war die Feste aber eben wie sich im Laufe der Jahrhunderte zeigte nicht uneinnehmbar, ihr vollständiges aus, als feste Burg war dann im Jahr 1525 gekommen, ab da wurde sie nicht mehr instand gesetzt, und es ging ihr wie vorher der Koliburg, sie wurde zum Burgstall. Das Ganze geschah Mitte April 1525 im sogenannten: Bauernkrieg, wo die Wyhler den verhaßten Schafgießen stürmten mit Unterstützung des „Kaiserstühler Haufens“ und räumten die Burg komplett aus, denn die wenigen Stadtknechte von Endingen, welche die Burgmannschaft bildeten konnten dem stürmenden Haufen unter Führung des Bastian Geißer u. dem Adam, beide von Wyhl, auch dem Jörg vom Schafgießen, welcher einst als Knecht im Sold der Junker von Endingen gestanden haben soll, und nun in Kenzingen auf einem Stadtgut schaffte, dort nur der „Gießen Jörg“ genannt und dem Hans Ziler von Amoltern keinen nennenswerten Wiederstand leisten. Was nicht niet- und nagelfest war, fand rasch seinen neuen Besitzer. Der vorhandene Wein und die Lebensmittelvorräte dienten zuvor einem ausgelassenem Fest im Herrensaal der Burg. Der Wassergraben wurde rechts und links der Zugbrücke mit Reisigwellen aufgefüllt, damit alles wertvolle Gut „mit Kärch undt Wägen“ weggeschafft werden konnte. Zuletzt sah der Bau öde und verwahrlost aus, durch dessen Fensterhöhlen der Regen ungehindert eindrang. (Fritz SPÄTH: Wyhl - Einst und Jetzt 1963 p. 90)

Man hatte sich zuvor auf dem Haderer Hof, zwischen Weisweil und Wellingen mit guter Kost und angefeuert vom guten Wein Mut gemacht und war über Sasbach zum Schafgießen gezogen, wobei die Wyhler Bevölkerung hier maßgeblich beteiligt war, denn die Endinger Herrschaft war in Wyhl allzeit verhasst und wer nicht mitzog, dessen Haus wurde „gepfählt“, das heißt vor seiner Türe wurde ein Holzpfahl in den Boden gerammt, damit niemand mehr das Haus verlassen oder betreten konnte, so wurden Jene von der Dorfgemeinschaft geächtet und ausgeschlossen. Im Juli 1525 aber war die Macht der Aufständischen bereits gebrochen, nachdem sich Freiburg schon am 17. Juni von den Bauern wieder losgesagt hatte. Und, was keineswegs zu übersehen ist, die Bauern selbst zog es mittlerweile mit Macht heim zum reifenden Korn, das im Wyhler - und Wellinger Bann im Mittel- und Oberfeld prachtvoll dastand ! Die Obrigkeit griff nun hart durch und die Schuldigen wurden hart bestraft denn die Stadt Endingen war bekannter Weise nicht zimperlig, wenn es um die Durchsetzung von Recht und Ordnung ging. Hatte die Stadt doch nach Belagerung durch die Bauern sich ergeben müssen (die Bauern schnitten so lange mit dem „Säsli“ Rebstöcke am Boden ab, bis die Existenzgrundlage begann zu schwinden und zwangen damit die stark befestigte Stadt in die Knie) und wie viele andere Städte den Bauern huldigen. In dieser Zeit wird der Scharfrichter Burkhard von Endingen („vum Hof obe“) sicher viel zu tun gehabt haben. Die Heimstätten der Schuldigen, des Bastian und des Adams von Wyhl, wurden auf Befehl der Obrigkeit niedergebrannt, dem Erdboden gleich gemacht, an der Stelle aber ein Mahnmal errichtet, für alle Nachkommenden zur Besinnung und Mahnung ! Die befestigten Kirchhöfe wurden aufgerissen, hatten sich doch darin die Bauern verschanzt, die Kirchtürme, die mancherorts als Wehrtürme während des Aufstandes gedient hatten, so auch in Wyhl und Wellingen auf Befehl der Obrigkeit bis auf einen Stumpf von 8 Metern abgetragen, (ein Ortstermin am 19. Januar 2008 im Wyhler Kirchturm, mit Prof. Dr. Wimmenauer, Freiburg hat dies bestätigt, anhand des Mauerbildes) von Wyhl hört man zu jener Zeit der Kirchhof lag verwüstet da und der Kirchturm bot ein gar traurigen Anblick, bis er dann unter Pfarrer J. Abegg unter Verwendung von Mauersteinen der ruinierten Wellinger Kirche St. Gertrudis wieder zur normalen Höhe aufgerichtet worden ist, in der Wyhler Kirche St. Blasius selbst waren einige kostbare Sachen abhanden gekommen, in der Wellinger Kirche war’s wohl nicht anders. Hier in Wyhl dürften auch jene 2 von 6 Kerzenständer des Wyhler Hochaltares entwendet worden sein, die man in der Endinger St. Peterskirche, nach einem Tipp von Restauratoren um das Jahr 1975 auffand. Nachdem Pfr. Alfons Sieber von Wyhl dem damaligen Endinger Stadtpfarrer Alfons Gäng (ich hab unter ihm ministriert, und er war ein guter Pfarrer mit menschlichen Schwächen, erst später – zu spät hat man sich dann gesehnt !) angerufen hatte, nicht mit der Begrüßung der Geistlichkeiten: „Bruder in Christus“, sondern ganz „kaiserstihlerisch“: „Du Alfons do i´sch der Alfons“ (der damaligen Wyhler Pfarrsekretärs Josef Seiter war dabei) wurden die Kerzenständer anstandslos zurückgegeben – ohne großes Aufsehens wurden sie abgeholt, und stehen heute wieder an ihrem alten Platz in der Pfarrkirche St. Blasius zu Wyhl.

Doch nun zurück zu unserm Bauernkrieg, laut Liste zur Erhebung des Strafgeldes, nach dem Bauernaufstand betrug die Strafe pro Herdstatt (heute heißt´s Haushalt) 6 Gulden, es befanden sich: in Wyhl undt Wellingen XXXI hüser gemeiner lütten (gemein = gewöhnlich oder nicht adlig), item ein pfaffen hus, item (desweiteren) 1 hús haben die von Endingen, item prantschatzung ist beza[h]lt und heis[s]t der vogt Hans Huber. (ZGO 37. Bd., 1884 p. 88) Unter Berücksichtigung des damaligen Kinderreichtums pro Familie kann man pro Haus rund 8 Bewohner rechnen und erhält etwa folgende Einwohnerzahl für Wyhl und Wellingen = 31 Häuser mit etwa 250 Einwohnern. Bei diesem Überfall soll auch die Stammutter des heute in Wyhl so zahlreich blühenden Geschlechts der Redtlin bzw. Röttele, die schöne sagenhafte Anna Redtlin, vermutlich von Schloß Rötteln stammend, umgekommen sein, aber hier irrt SPÄTH, denn bereit im Thennenbacher Güterbuch geschrieben von 1317 – 1341 tauchen die Röttele als Bewohner von Wellingen auf, unter dem Namen: Roetinen und Roten knaben, und haben gar nichts zu tun mit der Burg bei Lörrach. (Fritz Späth: Wyhl am Kaiserstuhl - Einst und Jetzt, 1963 p. 88-91) Edwin Röttele (s`Eige zeige Bd. XI, 1997 p. 66) irrt hier also, wenn er meint die Burg Schafgießen habe im Bauernkrieg keine Rolle mehr gespielt, wie sich in der Wyhler Chronik auch nachlesen lässt. Nach dem Aufstand fehlte es in manchen Höfen an Vieh und Saatgut, da Hof- und Feldarbeit von vielen vernachlässigt worden war und beim Niederwerfen des Aufstandes die Ritter und ihre Söldner viel geschlachtet und weggetrieben hatten. Oft mussten sich die Männer vor den Pflug spannen, wenn nicht, dann begnügte man sich mit Hacke und Haue. Da die Ritter und Stadtknechte von Endingen beim Zusammenbruch der Bauernfront die meisten (zur Waffe gestreckten) Sensen beschlagnahmt und als Kriegsbeute eingezogen hatten, war größtenteils nur die Sichel zur Mahd vorhanden. Wo aber der Vater ein Geflüchteter und Geächteter war, lag die ganze Last der Tagesarbeit auf den Schultern der unschuldigen Mütter und Kinder. Nach der erneuten Huldigung, sowohl dem Abte von St. Märgen, wie auch der Pfandobrigkeit Endingen gegenüber, veranstalteten letztere mit Hilfe ihrer Stadtknechte in Wyhl und Wellingen Haussuchungen nachdem aus der Wellinger Mühle, der Feste Schafgießen, der Kirche und dem Widumhof usw. gestohlenem Gut. (Fritz SPÄTH: Wyhl am Kaiserstuhl - Einst und Jetzt, 1963 p. 90 ff.) Der Bauernkrieg hat gezeigt dass auch Burg- und Stadtmauern kein Hindernis für das unterdrückte einfache Volk waren, die einzige Burg weit und breit, die widerstand war die Hochburg bei Emmendingen unter ihrem legendären Festungskomandant Georg Bombastus von Hohenheim, dem späteren Maltesfürst zu Heitersheim, er war ein Großcousin und Zeitgenosse des unsterblichen Theophrastus Bombastus von Hohenheim, besserbekannt als „Paracelius“. Die frühe Schutzfunktion der Burgen war mit dem Aufkommen der Feuerwaffen ohnehin mehr und mehr zurückgegangen; wichtig im Zusammenhang mit dem Schafgießen blieb das Lehen. Dieses Lehen aus uralter Zeit umfaßte die Dörfer Wellingen (763 im Testament des Straßburger Bischofs Etto oder Heddo erstmals genannt) und Wyhl (als „villa wila“ 926 erstmals urkundlich erwähnt), die als ehemaliges Königsgut, vielleicht kurz nach dem Jahr 1000 in den Besitz des Stiftes St. Margaretha in Waldkirch gekommen waren. Dem Schirmvogt auf der Burg stand auf elsässischer und Wellinger-Wyhler Seite ein Gelände von rund 372 Hektar zur Verfügung. (genaue Auflistung bei Fritz SPÄTH: Wyhl p. 19) Als Vögte tauchen verschiedene Namen auf: von Schwarzenberg, von Landeck, von Blumeneck siehe dazu: (Schau-ins-Land 87. Band 1969 p. 15), die Herren von Weisweil, Roder (Röder von Diersburg) bis schließlich mit der Lehensherrschaft von Endingen ab 1413 bis 1805 Kontinuität eintritt.


Am 2. Januar 1548 hören wir aus Augsburg: König Ferdinand erneuert der Stadt Endingen das Lehen Schafgiessen mit Wyhl auf 32 Jahre. (Stadtarchiv Endingen Uk.Nr. 128) Hierbei ist interessant, dass erstmals eine zeitliche Begrenzung in der Vergabe des Lehens eingebaut ist. Aber schon dreißig Jahre später am 6. August 1578 stammt aus Innsbruck eine Urkunde mit dem Text: Erzherzog Ferdinand belehnt die Stadt Endingen mit dem Burgstall Schafgiessen samt den Dörfern Wellingen und Wyhl. (Stadtarchiv Endingen Uk.Nr. 139) Und 1593 vom 13. Mai - 15. Juni hören wir aus einer in Freiburg ausgestellten Urkunde: Bürgermeister und Rat der Stadt Endingen legen vor dem kaiserlichen Notar Moritz Vollmar aus Freiburg in ihrem Streit mit den Gemeinden Weil (Wyhl) und Wellingen um die gemeinsame Nutzung des Schaufgiesen förmlichen Protest ein. (Stadtarchiv Endingen Uk.Nr. 144a) Unklar ist noch, ob es einen Zusammenhang mit folgender Urkunde gibt, vom 22. Mai 1598: Hans Georg Tegelin von Wangen vergleicht sich mit der Stadt Endingen in Sachen eines Streites der Dörfer Wyhl und Wellingen mit der Stadt Endingen. (Stadtarchiv Endingen Uk.Nr. 146) Schließlich lesen wir in einer Urkunde vom 9. Januar 1683 aus Wien: Kaiser Leopold bestätigt der Stadt Endingen das Lehen Burgstall Schafgiessen. (Stadtarchiv Endingen Uk.Nr. 154) Noch einmal 53 Jahre später am 3. Juli 1736, aus Innsbruck heißt es: Kaiser Karl VI. belehnt die Stadt Endingen mit dem Schafgiessen und dem Dorfe Wyhl, dass um 1100 Gulden versetzt ist. (Stadtarchiv Endingen Uk.Nr. 159) Hier ist die Frage: wieso ist plötzlich die Rede von 1100 Gulden und nicht von 1300 Gulden, so doch noch in der Urkunde von 1446 doch genau beschrieben? Klar ist aber, daß unser Dorf Wellingen zu diesem Zeitpunkt bereits aufgehört hat zu existieren, denn nur noch vom Dorfe Wyhl ist die Rede. Die Wellinger waren zumeist ins etwas höher gelegene Dorf Wyhl oder in die Nachbardörfer gezogen, dort wo ihnen der Rhein nicht mehr so nach der Existenz trachtete. Und nochmals am 23. Februar 1742 lässt sich Endingen dieses Lehen sichern, so ist der Tenor der Urkunde, ausgestellt in Wien: Lehensbrief der Kaiserin Maria Theresia für die Stadt Endingen über den Schafgiessen und Wyhl. (Stadtarchiv Endingen Uk.Nr. 160) Ab diesem Zeitpunkt lässt sich die Stadt weiter mit dem Schafgießen belehnen, aber er wird nicht mehr extra aufgeführt, hingegen werden die Orte Wyhl und Wellingen jetzt genannt. So steht in der Urkunde vom 10. November 1781, ausgestellt in Freiburg: Kaiser Joseph II. belehnt die Stadt Endingen mit Wyhl und Wellingen. (Stadtarchiv Endingen Uk.Nr. 170) Genau das Gleiche ereignet sich 10 Jahre später am 7. Hornung (Februar) 1791, ebenfalls in Freiburg. (Stadtarchiv Endingen Uk.Nr. 171) Und am 7. November 1793 stellt Kaiser Franz der Stadt Endingen nochmals einen Lehensbrief über Wyhl und Wellingen aus . (Stadtarchiv Endingen Uk.Nr. 172) Mit Sicherheit steht diese letzte uns erhaltene Urkunde über das Lehen Schafgiesßen im Zusammenhang mit den Ereignissen jenseits des Rheines, also der Stadtverbrennung von Breisach vom 15. bis 19. September 1793, als französische Revolutionstruppen aus dem Fort Mortier (Festung Neu-Breisach) die Festung Alt-Breisach, oder wie es auch immer hieß: „des Reiches Schutz und Ruhekissen“ in Schutt und Asche legten. Da zum Lehen Schafgießen ja drei linksrheinische Dörfer, also: Mackenheim, Argolsheim und Botzenheim gehörten wollte sich die Stadt Endingen diese Gebiete und die damit verbundenen Einnahmen noch einmal durch eine österreichische, kaiserliche Urkunde sichern lassen.

Besonders wichtig für Endingen war die Wellinger Mühle, denn die Stadt hatte keinen geeigneten Wasserlauf, um auf eigenem Gelände eine solche lebenswichtige Einrichtung zu betreiben. So schloß sie zu Beginn des 13. Jahrhunderts ein Abkommen mit Riegel, daß die Endinger Bürger die an der Dreisam stehende Riegeler Mühle benutzen durften, (Mechthild MICHELS: Riegel p. 24.) und noch 1400 erwarben sie von den Herren von Landeck die Wellinger „Schwalben-Mühle“. (Fritz SPÄTH: Wyhl p. 15) Die Tatsache, daß von Endingen schon früh ein direkter Weg nach Wellingen führte, läßt vermuten, daß dieses Dorf am Rhein auch noch aus anderen Gründen - vielleicht schon für das Dorf Endingen - interessant war. Brenn- und Nutzholz können eine Rolle gespielt haben, ebenso die Eichelmast, zu der man die Schweine in den Wald trieb, und ganz allgemein der Wild- und Fischreichtum. Der Ensisheimer Vertrag von 1590 gibt einigen Aufschluß darüber, wie die Endinger Herrschaft mit den Lehensdörfern umsprangen und wogegen die sich wehrten: übermäßige Frondienste, Beanspruchung der Allmend als Weideland für Endinger Rinder und Schafe, sowie des Waldes zu Eichelmast für die Schweineherde der Stadt. (Fritz SPÄTH: Wyhl p. 93 ff.) Das Lehen Schafgießen war für Endingen offenbar einträglich; die Stadt hat sich diesen Besitz durch die Jahrhunderte hindurch bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches 1805 immer von neuem bestätigen lassen, und erst am 8. Juli 1812 wurde Wyhl um die Summe von 40.000 Gulden die Abhängigkeit von der Stadt Endingen los und eine freie Gemeinde. (Edwin RÖTTELE: s`Eige zeige 11/1997 p. 66.)

Im Bauernkrieg also, wurde das Schloß gestürmt und geplündert, der Bau selbst schwer beschädigt und die zuvor intakte Burganlage geschleift. Doch ein Teil der Befestigungsanlagen bzw. die Fundamente derselben sowie der Wassergraben waren noch lange danach vorhanden. Die Wassergräben versumpften und verschilften, Wildenten machten sich darin seßhaft, und die Endinger Stadtväter pflegten recht gerne nach der Wildentenjagd oder nach der Sauhatz im Rheinwald im verein mit den Herren von Girardi aus Sasbach und anderen Edlen der Umgebung im teilweise bewohnbaren Schloßgemäuer Schafgießens ausgelassene Jagdfeste mit zünftigem Trinkgelagen zu halten. Gerne machten hierbei die Buben von Wyhl und Wellingen Treiber- und Handlangerdienste, um von der reichen Tafel „e´Meggili“ abzubekommen. War einer der Jagdherren in froher Geberlaune, so regnete es auch einmal Batzen. Als Folge des Dreißigjährigen Krieges verlor die Feste Schafgießen ihren militärischen Wert völlig; denn als Breisach durch den auf schwedischer Seite stehenden Herzog Bernhard von Weimar im Jahre 1636 hart belagert wurde, befand sich im Wyhler Gewann: Fehrenwerth beim ehemaligen Römerbrunnen (der Brunnen läßt sich doch lokalisieren, zumindest ist das Gewann bekannt !), ein schwedisches Nachschublager, von dem der Festungsrest des Schafgießens verständlicherweise stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Danach verfiel der Platz immer mehr. In den Koalitionskriegen (1792 - 1797) erlebte der Schafgießen als feste Burg eine kleine Renaissance, den da bauten die Franzosen den Burgstalls zu einem festen Platz aus, der mit Schanzen umgeben war, wozu Hunderte von besten, schöngewachsenen Eichenstämmen wahllos gefällt wurden. Der wilde Holzeinschlag des Militärs für Brennmaterial sowie für den Bau von Wachlokalen bzw. Biwakhütten riß so große Lücken, daß nach Bedarfdeckung der Stadt Endingen, für die Winterbevorratung der Wyhler Dorfbewohner nichts mehr außer Dornengestüpp und einigen Büschen übrig blieb, und letztere sich anderwärts gegen hohen Preis mit Schlagraumholz eindecken mußten. So ähnlich war es auch Jahre zuvor in den Wellinger Wäldern zugegangen, als im Dreißigjährigen Krieg die vorderösterreichische Regierung der Stadt Kenzingen durch Genehmigung vom 7. Januar 1632 den Ausbau und die Wiederherstellung der Stadtbefestigung erlaubt. Das Holz dazu solle man in den weiland (ehemaligen) wellingischen Wäldern hauen. Beauftragt wird mit der Wiederherstellung der Fortifikation der Kenzinger Stadtmauern der erzfürstliche Kriegsrat und Obristlieutenant in den vorderösterreichischen Landen Georg Wilhelm Stürzel von und zu Buchheim. (Hermann SUSSANN: Kenzingen im dreißigjährigen Krieg, 1886, p. 14)

Nach Abzug der Franzosen lag das Widerstandsnest Schafgießen in sinnlosem, häßlichem durcheinander da. Die zu Verteidigungszwecken künstlich hervorgerufene Umflutung des Vorgeländes hatte Felder und Wiesen stark verwüstet, das Mühlwerk hatten Soldatenfäuste stark beschädigt. Im Jahr 1813 ließ die Gemeinde Wyhl, nunmehr Eigentümerin des Burgstalls die Ruinenreste durch Maurermeister Chrisost Dirr abreißen, worüber seltsamerweise nichts mündliches mehr überliefert ist: Laut dem am 1. April 1813 von Vogt und Gericht mit diesem Maurermeister gemachten Accord (Vertrag) vom 22sten März 1813 soll Chrisost Dirr die noch stehenden alten Schloßmauern abreißen, und drei neue steinere „Brückligewölben“ (bauen) und ein altes ausbessern, wofür er 20 fl. (florin = Gulden rheinisch) in Geld und ein Viertel Molzer (Molzer = in der Keimung unterbrochene, eingeweichte und gedörrte Gerste und Weizen für Brennereien und Brauereien zur Bierherstellung) zum Lohn erhält. (Fritz SPÄTH: Wyhl - Einst und Jetzt 1963 S. 20) Abschließend darf noch erwähnt werden, daß sich hier durch Jahrhunderte die mündliche Überleiferung gehalten hat, wonach im 13. oder im 14. Jahrhundert ein unterirdischer Gang bestanden habe, der die Feste Schafgießen über die sagenhafte „Burg beim Narremirli“, südlich des Kolplatzes, mit der Limburg verband, von dem noch bis in´s 18. Jahrhundert hinein Reste zu sehen waren, die sowohl im Dreißigjährigen Krieg wie in späteren kriegerischen Ereignissen als Fluchtgang von der hiesigen Bevölkerung benutzt worden seien ! Abwegig ist diese Überlieferung nicht, denn solche Fluchtgänge hatten die meisten Burgen. Bei Belagerungen brachten sich die Familien der Ritter und Dienstmannen durch diese Gänge, die meist weit ab von der Burg in einer von Menschen selten betretenen, unzugänglichen Gegend in einem gutgetarnten Ausgang endeten - in Sicherheit, während die waffenfähige Mannschaft oben den stürmenden Feind durch hinhaltenden Widerstand aufzuhalten versuchte, um schließlich selbst durch diesen Gang zu flüchten.

Heute im Jahr 2008 zeugt auf dem Weg von Wyhl zur Wyhler Mühle, vorbei am Angelweier und dem großen Welschkornacker vor der Mühle Herb, genannt „die Schloßmatte“, nichts mehr davon, das hier am einstigen Altrheinarm an der Furt über den Rhein die alte Wasserfeste Schafgießen stand. Und ihre steinernen Zeugen rund 800 Jahre Zeugnis gaben, von diesem alten Rheinübergang der erstmals urkundlich in Erscheinung getreten ist in der Urkunde vom 29. Oktober 1023, ausgestellt in Erstein, es war die Rede vom konfiszierten „Gut Wizzinburc“, welches auf die Burg „der Wissen“ (also der Herren von Wißwil) hindeutete, und in der Tat, ist es urkundlich mehrfach belegt, daß die Herren von Wißwil als Burgvögte auf dem Schafgießen saßen und über das zugehörige Lehen des Klosters St. Märgens wachten. Und was dieser Platz, diese Mauern alles erlebt haben, dies kann heute niemand mehr erzählen, die großen alten Sandsteinquader an der Mühle Herb, welche noch vom Schafgießen stammen, wenn sie nur reden könnten. So ist die Zeit vergangen, manche blutige Schlacht wurde hier geschlagen, viel Leid und Elend hat´s gegeben, aber vermutlich auch friedliche Zeiten, mit Tunieren („dem Gestech“), prächtigen Hochzeiten, der ausgelassenen Jagd in den Rheinauen, („der Hatz“) und der Jagd mit dem Falken („der Beiz“) und vieles mehr, und so sind sie vergangen die Jahrhunderte bis 1813 die letzten Mauerreste abgetragen wurden und für immer Ruhe auf diesem, so friedlich da liegenden Platz eingekehrt ist. Eigentlich sollte mindestens eine Gedenktafel auf diese einstige Burg, an strategisch wichtigem Ort hinweisen, damit der Wanderer nicht ganz ahnungslos, sondern mit etwas Ehrfurcht vorbei gehe.

Quelle: Stefan SCHMIDT: Die Geschichte des Dorfes Wellingen am Rhein, sowie das Lehen und die Wasserfeste Schafgießen. 2008 S. 23 - 34.

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