1303, Die Bürger von Endingen und Kenzingen plündern die altehrwürdige Benediktiner-Reichsabtei Schuttern

Aus Endinger Geschichte

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1303, Die Bürger von Endingen und Kenzingen plündern die altehrwüdige Benediktiner-Reichsabtei Schuttern, unter Führung der Grafen von Üsenberg.


Sub hoc abbate finitimae urbes Kenzinga et Endinga monasterium hostilem in modum invasere, ecclesiae non tantum nocuere, verum etiam mausoleum Offonis omni arte excultum penitus destruxerunt, qua de causa prorsus nescitur. Hac denique ex irruptione adjacens oppidum etiam quam plurima passum est. Exortis inde pluribus jurium litibus eo tandem res composita est, ut praedictae civitates monasterium ut civem colerent atque tuerentur, nec non victualia et alias monasterii res per eorum territorium sine vectigali transire permitterent. Injuria temporum de anno 1027 praedia, quae fratres proprio labore excoluerant, debebant elocari tum incolis, tum exteris facili pro censu, quae nunc omnia abbas iterum ad se traxit et majori pro censu iterum cum jure laudemii in feudo haeredirario anno 1315 elocavit. Hac aetate 1318 Joannes XX., pontifex maximus, constituit monasterio conservatores, qui jura ac possessiones domus Dei contra violatores tuerentur.

Auslöser für den folgenden Artikel sind zwei Urkunden im Endinger Stadtarchiv die mich etwas stutzig gemacht haben, zum Ersten:

1304 August 14., Kenzingen

Hugo von Üsenberg und die Bürger von Kenzingen befreien das Kloster Schuttern vom Zoll in der Stadt Kenzingen. (Abschrift aus dem 16. Jahrhundert) Uk.Nr. 1.

und zum Zweiten:

1305 Februar 17., Endingen a. K.

Hesso von Üsenberg und die Bürger von Endingen befreien das Kloster Schuttern vom Zoll in der Stadt Endingen. Uk.Nr. 2 (Abschrift auf demselben Blatt) Diese Urkunde war nach dem Endinger Urkundenverzeichnis vom Jahr 1691 im Original noch vorhanden, und mit den beiden Abschriften zusammen geheftet. Der seinerzeit bedeutendste Historiker Johann Daniel Schöpflin, welcher einst Klosterschüler in Thennenbach gewesen ist, hat diese Urkunde gedruckt in seinem Universalwerk: Codex diplomatica historia Badensis, auf Seite 469. Alle beiden Urkunden sind nach der Abschrift gedruckt in: Freiburger Zeitschrift Band V Seite 248 f.


"Wer sich mit der Geschichte von Thennenbach befasst, stößt aber unweigerlich auf das Kloster Schuttern in der Ortenau. Zwei markante Ereignisse rechtfertigen es an dieser Stelle näher auf die Geschichte von Schuttern einzugehen, zum Einen stellt die Emmendinger Urpfarrei - der Wöpplinsberg, welcher seit alter Zeit zu Schuttern gehörte, direkt vor der Haustüre des noch jungen, aufkeimenden Klosters Thennenbach einen immerwährenden Streit zwischen beiden Abteien dar und zum Andern sind da noch zwei Brandschatzungen des Klosters Schuttern, bei welchen auch das Dorf Schuttern in Asche gelegt wurde. Ziel dieser Überfälle waren in beiden Fällen der Raub der Reliquien des hl . Offo – des Gründers jener Abtei, zuerst waren es die Grafen von Nimburg, beim zweiten Mal die Grafen von Üsenberg - im Verband mit den Städten Endingen und Kenzingen. Es stellt sich hier die Frage für wen oder welchen Ort waren die Reliquien bestimmt - und hier kommt Thennenbach ins Spiel mit seinem Einfluß auf die Adelsgeschlechter im Breisgau. Diese Reliquien waren mit Sicherheit nicht für Endingens Kirche, noch für Jene in Kenzingen bestimmt, so wie Jürgen Treffeisen vermutet: Das Offo-Mausuleum wurde bei diesem Überfall zerstört und die Reliquien entwendet. Wahrscheinlich wurden sie benötigt, um die Kirchen [in Endingen und Kenzingen], beziehungsweise den Altar weihen zu können, was ohne die Reliquien eines Heiligen nicht möglich gewesen wäre. Aufgrund dieses Ereignisses ist anzunehmen, daß die Weihe der St. Peterskirche in Endingen und der Kenzinger Stadtkirche in diese Zeit fallen (Die Geschichte der Stadt Kenzingen Bd. II, S. 218). Genau hier liegt der Irrtum: Die Andlauer Pfarrkirche St. Peter zu Endingen hat vor diesem Zeitpunkt schon bestanden, denn am 4. Oktober 1256 besiegeln Graf Konrad von Freiburg, der Graf Rudolf von Üsenberg und der Markgrafen Heinrich von Hachberg, vermutlich im Beisein des 5. Thennenbacher Abtes Rudolf Edler von Zähringen [in seinem letzten Regierungsjahr] die Entscheidung eines Schiedsgerichts über die Thennenbacher Grangie - den Harderer Hof, das auf dem altehrwürdigen Friedhof von St. Peter zu Endingen stattfand (siehe auch: Geschichte der Stadt Endingen S. 33). Sicher hingegen hat Treffeisen nicht unrecht, wenn er sagt: die Reliquien wurden zur Benefizierung der Altäre benötigt, dazu sagte P. DDr. Kolumban Spahr O.Cist.: jeder Altar hat ein Reliquiengrab, darin befindet sich ein Zettel mit Angaben über die hl. Person, sowie die Reliquie selbst (meist ein Knochensplitter), erst diese Reliquie verleiht dem Messopfer und allen liturgischen Handlungen an diesem Altar Kraft und Macht. Alles deutet darauf hin, daß die Reliquien für eine andere heilige Stätte mit Einluß auf Endingen und Kenzingen dieser Reliquien bedurfte. Und hier sind wir wieder bei Thennenbach, denn dort wurde eine stattliche Anzahl von Reliquien gebraucht, waren es doch nicht weniger als 14 Altäre, welche im „Münster Unserer lieben Frau zu Tennibach“ aufgestellt wurden, und an allen Altären wurden mehrmals täglich die Messen gelesen für die vielen Verstorbenen, deren Angehörige dafür gutes Geld bezahlten. Auch verfügte die alte linksrheinische Abtei der hl. Kaiserin Richardis selbst über genug Reliquien, um Eine davon an die Endinger Kirche abzugeben. Und welche Macht Thennenbach zu jener Zeit besaß, zeigt der Bericht über die Erstürmung der Schneeburg im Jahr 1312, als das Kloster seinen Mönch Heinrich Wolleben [des Klosters Advokat – der notbruoder] jagt, bis in die Mauern der Burg eines Stifters von Thennenbach, nämlich Junker Friedrich von Hornberg. Selbst vor der Belagerung und Erstürmung dieser Feste machen die Cistercienser nicht einmal Halt - kein Zweifel Thennenbach war auf der Höhe seiner Macht, der Konvent dürfte damals allein 60 Mönche umfasst haben, wie Ludwig Köllhofer vermutete. Ein bisher fast unbekanntes Kapitel der ehemaligen Benediktiner-Reichsabtei Schuttern, in der Ortenau haben die Grafen von Nimburg ebenfalls geschrieben; es soll an dieser Stelle einmal näher beleuchtet werden. Die Rede ist vom Überfall der Grafen von Nimburg auf dieses Reichskloster im Jahre 1169, prekär dabei ist, daß diese Grafen als Schirmvögte zum Schutz des Klosters bestellt waren (Karl LIST:“Reichskloster Schuttern” 1983 S. 17). So heißt es in der Chronik von Schuttern: In Folge des verheerenden Brandes im Jahre 1153, welcher den karolingischen Kirchenbau vernichtete, war der Anlaß gegeben zum Neubau einer dreischiffigen Basilika ... während dieser Bauzeit nun im Jahre 1169 wurde das Kloster von dem Grafen Berthold von Nimburg, der damals die Klostervogtei innehatte, überfallen. Viele Baulichkeiten wurden durch die Kriegsleute des Grafen zerstört, vor allem suchte man nach den Reliquien des Klostergründers, des heiligen Offo’s, einem iro-schottischen Wandermönch von königlicher Abstammung (K. LIST: S. 5,15). Die Geschichtsschreibung erzählt vom Stifter Offo, er sei durch die Missionare, die Papst Gregor im Jahre 596 nach England schickte, zum Christentum bekehrt worden und habe mit Landsleuten sein Vaterland verlassen und sei missionierend in die Ortenau gelangt (Ludwig HEIZMANN: “Benediktinerabtei Schuttern in der Ortenau” 1915). Er habe das Kloster Schuttern gestiftet und eine Meile Weges davon baute er an der Kinzig eine Burg, die Offonis Burg genannt wurde, die ehem. Reichstadt Offenburg (Ekkehard KLEM: “Geheimnisvolles Schuttern”; in Geroldsecker Land 2003, 122). Zu dem Überfall des Grafen heißt es weiter: Über dem Mosaikgrab wurde der Letten entfernt, das Mosaik zerbrochen und bis tief in den Grund zerstört. Es ist das älteste deutsche Fußbodenmosaik !, erschaffen um 1016 mit 3,38 m Durchmesser; es zeigte unter anderem den Brudermord Abels durch Kain. Dieses Mosaik wurde vermutlich vom hl. Bernward von Hildesheim gefertigt; und sein Freund und Schüler der hl. Kaiser Heinrich II. betete bei seiner Übernachtung in Schuttern am 30. September 1016 über dem Grabe. Und anstelle der eigentlichen Reliquien, die ja in Sicherheit waren, wurden vermutlich die Bruchstücke des Offo-Bildnises verschleppt. Nach dem Abzug der Reliquienräuber füllten die Mönche die tiefe Störungsgrube mit dem herumliegenden Bauschutt. Der Bericht der Chronik über diese Untat wurde durch die archäologischen Grabungen 1972-76 bestätigt und ist gut nachweisbar (LIST S. 15). In den Annalen Schuttern heißt es zu diesem Überfall und dem damals amtierenden Abt von Schuttern: Rudolphus II., electus kalendas Junii 1295. Sub hoc abbate finitimae urbes Kenzinga et Endinga monasterium hostilem in modum invasere, ecclesiae non tantum nocuere, verum etiam mausoleum Offonis omni arte excultum penitus destruxerunt, qua de causa prorsus nescitur. Hac denique ex irruptione adjacens oppidum etiam quam plurima passum est. Exortis inde pluribus jurium litibus eo tandem res composita est, ut praedictae civitates monasterium ut civem colerent atque tuerentur, nec non victualia et alias monasterii res per eorum territorium sine vectigali transire permitterent. Injuria temporum de anno 1027 praedia, quae fratres proprio labore excoluerant, debebant elocari tum incolis, tum exteris facili pro censu, quae nunc omnia abbas iterum ad se traxit et majori pro censu iterum cum jure laudemii in feudo haeredirario anno 1315 elocavit. Hac aetate 1318 Joannes XX., pontifex maximus, constituit monasterio conservatores, qui jura ac possessiones domus Dei contra violatores tuerentur. - Obiit Rudolphus 6. Idibus Martii 1324. (Quelle: P. Gallo MEZLER OSB. monacho sanct Galli, herausgegeben von J. G. Mayer, Pfarrer in Oberurnen: Die Aebte der Klöster Ettenheimmünster und Schuttern, in: Monumenta historico - chronologica monastica, abgedruckt in: Freiburger Diözesan Archiv Bd. XIV (1881) p. 160.) Der Sage nach soll Graf Berthold III. von Nimburg mit seinem Sohn nach Palästina um das Jahr 1200, gezogen sein, wovon keiner der beiden zurück kehrte (Albert KRIEGER: “Topographisches Wörterbuch des Großherzogtums Baden”, II, 49; s.a.: Berthold SÜTTERLIN: “Geschichte Badens” 1968 S.398). Das aber jede Sage einen wahren Kern hat, wird uns in der folgenden Nachricht auf den Fuß bewiesen, denn da heißt es: ...daß die Grafen von Nimburg Kaiser Friedrich I. Barbarossa im Jahr 1189 auf seinem Kreuzzug begleiteten (Ulrich PARLOW: “Die Grafen von Nimburg” 1990 S. 45 f.). Ferner ist bekannt, daß die Grafen von Nimburg, als wohl bedeutendste Herrschaftsträger, im nördl. Breisgau in enger Verbindung zu Kaiser Heinrich VI. und seinem staufischen Nachfolger König Philipp (1198-1208) standen. Mehrfach läßt sich Graf Berthold III. von Nimburg in der Umgebung des Kaisers nachweisen und unter König Philipp nahm Berthold sogar eine hervorragende Position ein, als er in Worms 1199 in einer das Herzogtum Schwaben betreffenden Urkunde die Reihe der Grafen anführte (Prof. Dr. Thomas ZOTZ: “Der Landkreis Emmendingen” 1999 S. 135). Die letzten Nimburger Grafen sollen noch ungefähr hundert Jahre lang in der Kreuzfahrerstadt Akko gelebt haben, bis das Geschlecht erlosch. Hingegen sei vor einigen Jahren bei Ausgrabungen in Nimburg in einem Grab ein Kreuz aus Metall an der Kleidung, (wie es nur Kreuzritter trugen) aufgefunden worden, welches nahe legt, daß hier ein Kreuzfahrer zur letzten Ruhe gebettet wurde. Solch ein Kreuz, als Abzeichen am Gewand wurde nur noch einmal gefunden in ganz Baden-Württemberg. Wir können also davon ausgehen, daß der Graf von Nimburg wieder zurück gekehrt ist und mit allen Ehren bestattet wurde. Diese Grafen, deren Herkunft Gegenstand vieler Vermutungen aber keineswegs geklärt ist, erscheinen seit etwa 1087 in den Urkunden, meist als Zeugen der Grafen von Nellenburg für das Kloster Allerheiligen in Schaffhausen. In dessen Frauenkloster St. Agnes lebten übrigens um 1100 auch Töchter der Familie als Klosterfrauen. Erst um 1111/12 lassen sich die Grafen eindeutig in der Nimburger Gegend, (also im Breisgau) nachweisen. Auch hier gibt es fast nur offene Fragen: ungeklärt ist z.B., woher diese Grafen stammten, woher sie ihren Titel hatten, nachdem die Herrschaft Nimburg nie eine Grafschaft gewesen ist, ob sie ihren Namen von Nimburg übernommen oder ihn an Nimburg angeglichen hatten, nachdem sie die dortige Burg als für sie neue Burg bezogen und eine alte Burg irgendwo im Aargau/Thurgau zurückgelassen hatten. Die Verwandtschaftsverhältnisse zu den Adelsfamilien des Breisgaues, besonders zu den Herren von Üsenberg, sind nicht aufgearbeitet und auch über den Umfang der Herrschaft weiß man wenig Genaues. Wahrscheinlich haben dazu mindestens gehört: Burg und Kirche samt Gütern in Nimburg, ein Teil von Bottingen, Besitz in Riegel am Kaiserstuhl, Forchheim, Teningen, Emmendingen, Kenzingen und Herbolzheim, es war dies mit Sicherheit nicht alles. Die Herrschaft hatten die Grafen von Nimburg wahrscheinlich als Vögte der Klöster St. Peter und St. Ulrich noch ausgedehnt, da eine solche Vogtei dessen Inhaber zu Schutzabgaben zu Gerichtsrechten über die den Klöstern gehörigen Güter verhalf. Ein Geistlicher durfte nämlich damals über schwere Vergehen nicht zu Gericht sitzen, sondern mußte dies einem Laien überlassen, weshalb überhaupt (Schirm-) Vögte eingesetzt wurden. Das Geschlecht der Grafen von Nimburg endet mit Berthold (III.), der 1205 als letzter der Familie gestorben ist. Den Marbacher Annalen zufolge, soll er sich um 1200 samt seinem Sohn auf einen Kreuzzug begeben haben, von dem er nicht wiedergekehrt sein soll. Vorher soll er außerdem noch seine gesamte Herrschaft samt den Ministerialien dem Straßburger Bischof überlassen haben, wobei die Quelle nicht eindeutig sagt, ob er das alles geschenkt oder verkauft hatte. Eine andere Quelle, das Tennenbacher Güterbuch, bringt eine andere Nachricht. Graf Berthold von Nimburg soll hier, ohne seinen Sohn hingegen in Begleitung von Ministerialen, am 3. Kreuzzug (1189-92) teilgenommen haben und soll wiedergekehrt sein. Wenn man feststellt, daß der 4. Kreuzzug 1202- 04 stattgefunden hat und weitgehend vom Reich ignoriert worden ist, wenn man ferner überlegt, ob es sinnvoll ist, eine Herrschaft vor dem Kreuzzug abzustoßen, wenn man doch damit rechnet, wiederzukommen, so scheint hier einiges nicht ganz zu stimmen. Sehr ungewöhnlich erscheint auch, daß der Graf seinen Sohn auf den Kreuzzug mitgenommen und vorher die Herrschaft abgestoßen haben soll. Insgesamt scheint, daß die Tennenbacher Überlieferung die Schlüßigere ist. Wahrscheinlich hatte Graf Berthold seinen einzigen überlebenden und weltlichen Sohn früh verloren, sicherlich hatte er, allein, an dem Kreuzzug teilgenommen, auf dem Kaiser Friedrich I. Barbarossa (Rotbart) am 10. Juni 1190 ums Leben gekommen war... (Ludwig SIEGEL: “Chronik von Nimburg” 1977 S.13 f.). "

Quelle: Stefan Schmidt: 850 Jahre Kloster Thennenbach - Festschrift zum Gründungsjubiläum, 2008 S. 14 ff.

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